Der Konstanzer Gemeinderat hat die Dimension der Klimakrise erkannt und am 2. Mai 2019 als erste deutsche Stadt den Klimanotstand ausgerufen. Alle Kräfte aus Politik und Bevölkerung müssen jetzt gebündelt werden, um gemeinsam sofortige und entschlossene Anstrengungen zum Klimaschutz zu leisten.
Um die Erderwärmung auf unter 1,5 °C zu begrenzen, muss Deutschland bis 2035 klimaneutral sein. Als reiche Stadt mit wenig Industrie hat Konstanz besonders gute Voraussetzungen für den Klimaschutz. Konstanz ist daher in der Pflicht, bereits 2030 klimaneutral zu sein. Wir haben nun die Chance, eine der weltweit führenden Städte im Klimaschutz zu werden.

Daraus ergeben sich folgende erste Konkretisierungen. Diese erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Um die katastrophale Klimakrise anzugehen, muss in allen Bereichen entschieden gehandelt werden.

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Pro Jahr: 10%-iger Photovoltaik-Zubau auf allen nutzbaren Dachflächen

Zur klimaneutralen Deckung des Konstanzer Stromverbrauchs müssen absehbar mindestens die im Energienutzungsplan und Klimaschutzkonzept identifizierten Photovoltaik-Flächen ausgebaut werden. Laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg 2012 beträgt das technische Dachflächenpotential für Photovoltaik-Anlagen in Konstanz ca. 840.000 m² (ohne denkmalgeschützte Flächen). Daraus ergibt sich eine Modulfläche von 130 MWp bzw. einer Strommenge von 120 GWh/a (vgl. IKSK S. 76). Die installierte Photovoltaik-Leistung lag 2016 bei ca. 8 MWp. Das heißt es gibt ein ungenutztes Potenzial von 122 MWp. Dieses gilt es in den nächsten 10 Jahren schrittweise zu erschließen. Es ergibt sich ein erforderlicher jährlicher Zubau von 12,2 MWp (entsprechend 10 % des 2016 noch unerschlossenen Potenzials).

Pro Jahr: 10% energetische Sanierungsrate für Gebäude

Ein klimaneutraler Gebäudebestand im Jahr 2030 bedeutet eine Versorgung der Gebäude mit 100 % erneuerbaren Energien. Dies ist nur möglich, wenn der Heizenergiebedarf der Gebäude sehr gering ist. Die allermeisten Bestandsgebäude entsprechen diesem Anspruch bei Weitem nicht – und ein Großteil dieses Gebäudebestands wird 2030 noch stehen. Daher liegt ein Fokus auf der energetischen Sanierung. Um die notwendigen Einsparungen an Wärmeenergie bis 2030 zu erreichen, müssen jedes Jahr 10 % des aktuellen Gebäudebestandes saniert werden. Damit kann in 10 Jahren der gesamte Gebäudebestand saniert werden.

Sofortiges Betonverbot

Die Herstellung von Beton ist für 7 % des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich. Um auch im Bausektor Klimaneutralität zu erreichen, gilt es, die Nutzung von Beton soweit es geht zu vermeiden. Bei derzeit nicht anders zu lösenden Bauaufgaben (Bsp. Fundamente) soll die ökologisch sinnvollste Betonart verwendet werden. Es müssen auch alle in Beton- oder Beton-Mischbauweise geplanten, aber noch nicht gebauten Vorhaben umgeplant werden. Wohngebäude mit weniger als fünf Wohneinheiten könnten von dieser Umplanung ausgenommen sein. Häufig lässt sich durch den Umstieg auf Holz als Baustoff sogar ein klimapositiver Effekt erzielen. Holz entzieht der Atmosphäre in seiner Wachstumsphase CO2, das im eingebauten Zustand dann gespeichert bleibt.

Bis 2030: Stadt frei von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor

Um 2030 Klimaneutralität zu erreichen, muss auch der Verkehr emissionsfrei sein. Dies beinhaltet alle Verkehrsmittel; Autos, Busse, Schiffe, Züge, etc.. Dafür benötigt es in erster Linie Verkehrsvermeidung und die Verlagerung insbesondere von motorisiertem Individualverkehr auf Fuß, Rad und ÖPNV. Dazu gibt es vielfältige Handlungsmöglichkeiten: z.B.  Ausbau von Fahrradstraßen, Vorrangschaltungen an Ampeln, Förderung von Lastenfahrrädern, Umwidmung von Fahrspuren zu Fahrrad- und Busspuren, Ausbau und Attraktivitätssteigerung des ÖPNV, die Förderung von Car-Sharing und E-Lieferverkehr, die Umrüstung aller städtischen Fahrzeuge und Schiffe auf regenerativen Elektroantrieb oder eine nach CO2-Ausstoß pro Kilometer gestaffelte Citymaut und Parkraumbewirtschaftung mit Rückvergütung der Einnahmen an alle BürgerInnen.

Bis Ende 2020: Entsiegelung von jedem fünften Parkplatz und Bepflanzung mit einem Obstbaum

Rund 20 % aller Autos wird weniger als 5.000 km im Jahr bewegt und kann daher problemlos durch Car-Sharing ersetzt werden. Ab 2020 muss als klares Signal eine weitere jährliche Reduktion der Parkflächen erfolgen. Die Reduktion der Parkplätze unterstützt den Umstieg weg vom motorisierten Individualverkehr hin zu nachhaltigeren Verkehrsmitteln. Die Entsiegelung dieser Flächen und Bepflanzung mit Früchte tragenden Bäumen und bienenfreundlichen Stauden trägt zu einer Verbesserung des Stadtklimas bei und erhöht die Lebensqualität. Zusätzlich entziehen die Pflanzen der Atmosphäre CO2. Das Obst der Bäume steht für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung.